Hallo liebe Zölis und Glutensensitive, diesmal möchten wir Euch hier am Blog einen Beitrag aus unserer Facebookgruppe Zöliakie Austausch vorstellen. Der nun 84 jährige Vater eines Mitglieds und seine Tochter leben seit 37 Jahren mit Zöliakie und er hat diesen Beitrag mit der Intention geschrieben seine Erfahrungen zu teilen und Mut machen. Hier nun sein Text den wir sehr gerne veröffentlichen. „Teilen“ erlaubt
Der Artikel von A.R.H. aus Köln
Gestern hatte ich Geburtstag. Mir geht es gut. ( Gelegentlich auch einmal weniger gut ). Ich bin zufrieden. Zoeliakie wurde kürzlich bei Ihnen diagnostiziert? Keine Panik!
Ich bin seit gestern 84 Jahre alt und möchte Ihnen Mut machen.
Zoeliakie gibt es in meiner Familie mindestens seit meiner Großmutter väterlicherseits. Leider habe ich ungewollt dieses Problem an meine Tochter vererbt. Mein Vater und seine Schwester waren ebenso betroffen. Damals hatte man noch kein Wissen zu diesem Problem. Meine Großmutter und ihre Tochter starben beide mit 73 Jahren. Mein Vater bereits mit 70. Eine Diagnose „Zoeliakie“ war absolut unbekannt und eine erfolgreiche Behandlungs-methode gab es nicht.
Im Frühkindalter hatte ich bereits die ersten Probleme. Mit 10 Jahren die erste autoimmune Hepatitis. Mit 12 Jahren wochenlange Durchfälle. Mein Körper war schwächlich und anfällig für häufige Infekte. Bis in meine 40er Jahre erlebte ich mehrere Gallenblasen-Entzündungen, Nieren-entzündungen, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Lungenentzündungen, Rippenfellentzündung und immer wieder Durchfälle und Bauch-beschwerden.
Mein Hausarzt schickte mich im Verlauf der Jahre zu mehreren Fachärzten und zweimal in die Kölner Uniklinik zu Magen-und Darmspiegelungen. Die Diagnosen waren immer sehr umfangreich, nur die Ursache blieb unerkannt.
Als ich eines Tages mit Rippenfellentzündung ins Krankenhaus kam, fragte der Chefarzt meine Frau; ob ich Spätheimkehrer sei und aus russischer Kriegsgefangenschaft käme.
Mein körperlicher Zustand war sehr elend bis mein Hausarzt mich an Herrn Dr. Vollmar in Köln-Lindenthal empfahl. (Inzwischen in Pension, ihm sei Dank). Er meinte während einer Magenspiegelung; „ich glaube ich weiß was Sie haben, aber ich sage es noch nicht“. Erst als der Befund aus der Pathologie die totale Zottenatrophie beschrieb, war der Verdacht auf Zoeliakie begründet.
Das war 1978. Zu dieser Zeit gab es kaum Wissen zu diesem Thema. Glutenfreie Lebensmittel gab es so gut wie gar nicht. Das einzige Reformhaus mit einem Minimal-Angebot war 10km entfernt. Erst die Informationen der Deutschen Zoeliakie-Gesellschaft ermöglichten eine absolute, glutenfreie Ernährung. Die Mitgliedschaft war ein Muss und eine unentbehrliche Hilfe. Heute führen Supermärkte ein umfangreiches Sortiment an glutenfreien Lebensmitteln und man braucht kaum auf etwas zu verzichten.
Trotz der glutenfreien Ernährung brauchte ich noch ein ganzes Jahr, bis mein Körper sich erholt hatte.
Zwischenzeitlich gab es Rückschläge und eine weitere Autoimmune Hepatitis. Lactose-und Fructose-Unverträglichkeit wurden in der Folge erkannt. – Lactosefreie Lebensmittel sind heute selbstverständlich und hinsichtlich Fructose genügt bei mir bereits die Mäßigung beim Verzehr von Obst etc.
Ich passe auf, was ich zu mir nehme und kontrolliere, so gut ich kann. Mein Motto: glutenfrei ist problemfrei. Trotzdem habe ich gelegentlich Probleme. Dann hilft mir die kurzfristige Einnahme von Cortison in dezenten Mengen.
Gestern bin ich 84 Jahre alt geworden. Zum Trost aller Betroffenen; man kann auch mit Zöliakie alt werden. Die Lieben in meiner Familie und in meinem Umfeld sagen; ich sei noch sehr fit für mein Alter und sähe etliche Jahre jünger aus. So empfinde ich mich derzeit auch selbst. Bis heute führe ich ein ganz normales Alltagsleben, ich arbeite in Haus und Garten und bin häufig auf Reisen.
Ich koche selbst, das was mir schmeckt. Täglich Frischgemüse etc. Brot-und Kuchenbacken ist für mich auch kein Problem. Das Rezept für mein schmackhaftes Toastbrot habe ich mir erarbeitet und verzichte gerne auf Brotangebote im Handel. Auf häufigen Reisen versorge ich mich meistens selbst.
Allen Zoelis möchte ich sagen: mit der entsprechenden Disziplin kann man auch mit Zoeliakie alt werden.
Macht euch also keine Sorgen und genießt das Leben, so wie ich.
Köln, im Juli 2015
Euer Alt-Zoeli
A.R.H.
Wie gut solch ein Artikel ankommt sieht man an den über 470 „Likes“ in der Gruppe. Über 80 Kommentare darunter finden es toll, wie man eine so positive Lebenseinstellung mit den genannten Krankheiten und mit Zöliakie auch im Alter hat.
Der Artikel zeigt auch den vielen Personen, die erstmal vor einem Berg an Problemen stehen weil sie die Diagnose erhalten haben, das man auch gut und gesund glutenfrei leben kann.
Und hier geht es zu unserer großen deutschsrpachigen Facebookgruppe „Zöliakie Austausch“
Lieber A.H.R.,
ich habe gerade Ihren Artikel entdeckt. Vielen Dank dafür. Das macht Mut und stimmt positiv.
Ich würde mich freuen, wenn Sie mehr ihrer Erfahrung mit Zölliakie teilen könnten.
Viele Grüße und alles Gute
Maik