Das Thema Unterstützung für die glutenfreie Ernährung kommt immer wieder bei uns in der Facebookgruppe Zöliakie Austausch. Wir haben schon darüber berichtet das Hartz-4-Leistungsempfänger mit diagnostizierter Zöliakie Mehrbedarfsleistungen für kostenaufwändige Ernährung erhalten. Aber wie ist es mit Studierenden und Auszubildenden die normalerweise keine Hartz-4-Leistungen bekomme?
Das Portal Hartz4.net hat die aktuellen Informationen, Möglichkeiten und Voraussetzungen für uns zusammengefasst.
Wichtiges Update vom 21.10.2020 – Bereits ab GdB von 20 gibt es einen Pauschbetrag!
Inhaltsverzeichnis
Hartz-4
Hartz 4 erhalten grundsätzlich nur Personen, die nach § 7 Zweites Sozialgesetzbuch (SGB II) zum Kreis der hilfebedürftigen Leistungsberechtigten gehören. Studierende bzw. Auszubildende gehören nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht dazu:
„Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. […]“
Der Gesetzgeber spricht im Übrigen allgemein von Auszubildenden, meint damit aber auch Studierende, da das Studium rechtlich gesehen eine Ausbildung ist. Nur in Ausnahmefällen können Studierende Arbeitslosengeld II (Hartz 4) erhalten. Weil die meisten Mehrbedarfe als Zuschuss gezahlt werden und damit nicht mit Arbeitslosengeld II gleichzusetzen sind, können Studierende diese auch ohne Hartz-4-Anspruch beantragen.
Weitere wichtige Informationen zu Sozialleistungen, insbesondere zu Hartz 4, sind auf hartz4.net nachzulesen.
Das Thema Mehrbedarf für Zöliakiebetroffene haben wir auch schon hier behandelt. Ab dem Vaeranlagunszeitruam 2021 gönnen Zöliakiebetroffene die einem GdB von 20 gewährt wurde, einen jährlichen Pauschbetrag ansetzen. Mehr dazu in unserem Artikel in der FAQ.
Gibt es Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung auch ohne Hartz-4-Anspruch?
Es lohnt sich, den § 7 Abs. 5 SGB II genauer unter die Lupe zu nehmen. Er schließt Studierende nämlich nur von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes aus, die über Leistungen nach § 27 SGB II hinausgehen. Das heißt, Auszubildende können durchaus Leistungen nach § 27 SGB II in Anspruch nehmen, auch wenn sie eigentlich keinen Anspruch auf Hartz 4 haben.
Damit sind insbesondere Mehrbedarfe für Personen gemeint, die schwanger oder alleinerziehend sind, eine Behinderung haben oder einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf nachweisen können. Außerdem zählt der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung dazu.
Im Übrigen können Studierende dieser Regelung zufolge den Mehrbedarf für Babyerstausstattung in Anspruch nehmen, sofern diese nicht durch das eigene Einkommen oder Vermögen bereits gedeckt ist.
Kostenzuschüsse für Warmwasser, Miete, Heizung, Bildung und Teilhabe sowie für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge können zwar auch beantragt werden, allerdings nur in Form von Darlehen und auch nur dann, wenn ein Härtefall geltend gemacht werden kann (z. B. wenn die Ausbildung/das Studium für die Eingliederung ins Erwerbsleben zwingend erforderlich ist, der Betroffene jedoch kein BAföG bekommt).
Diese Voraussetzungen müssen Studierende für den Mehrbedarf bei Zöliakie erfüllen
Da Zöliakie ein durch die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (DV) als kostenaufwändige Erkrankung anerkannt ist, können Studierende den Mehrbedarf beantragen. Folgende Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein:
- Die Ausbildung bzw. das Studium ist im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) „dem Grunde nach“ förderungsfähig. Das gilt unabhängig davon, ob der Antragsteller BAföG bekommt.
- Ein Antrag kann nur bewilligt werden, wenn der Antragsteller wirklich hilfebedürftig ist.
- Die Notwendigkeit der kostenaufwändigen Ernährung muss auf die drohende oder bestehende Erkrankung (hier: Zöliakie/einheimische Sprue) zurückzuführen sein.
- Der Betroffene hat Kenntnis über den Zusammenhang zwischen dem Mehrbedarf für die Kostform und der Erkrankung. Aus diesem Grund kann der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung auch nicht rückwirkend geltend gemacht werden.
Studierende, die zwar eine Glutensensitivität oder Glutenunverträglichkeit haben, jedoch keine zöliakiespezifischen Antikörper, müssen sich zunächst an den medizinischen Dienst wenden, da hier eine Einzelfallprüfung nötig ist. Gleiches gilt, wenn mehr als eine Erkrankung vorliegt, die einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung rechtfertigen könnte.
So stellen Studierende den Antrag auf Mehrbedarf bei Zöliakie
Was die Antragstellung angeht, gelten für Studierende dieselben Regeln wie für andere Leistungsberechtigte. Für die meisten Mehrbedarfe genügt ein formloser Antrag beim zuständigen Leistungsträger (in der Regel ist das Jobcenter zuständig).
Nur für den Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung muss ein gesonderter Antrag gestellt werden. Dafür stellt die Bundesagentur für Arbeit das Formular „Anlage zur Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung“ (Anlage MEB) zur Verfügung. Dies ist ausgefüllt beim Leistungsträger einzureichen.
Zusätzlich ist eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Der Arzt kann dafür einfach den Vordruck ausfüllen, welcher der Anlage MEB beigefügt ist. Alternativ wird auch ein ärztliches Attest akzeptiert, sofern dieses die Art der Erkrankung und die angeordnete Kostform enthält.
Bescheinigung oder Attest müssen aus datenschutzrechtlichen Gründen in einem verschlossenen Umschlag abgegeben werden.
Vorsicht: Bei anderen Erkrankungen ist manchmal eine Stellungnahme oder ein Gutachten des medizinischen Dienstes, des Gesundheitsamtes oder ähnlicher Stellen erforderlich.
Gastartikel von: Hartz4.net
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