Die Zottenatrophie im Dünndarm, also der Schwund der fingerartigen Ausstülpungen der Dünndarmschleimhaut, kann durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden. Sie ist ein zentrales Merkmal bei Zöliakie, kann jedoch auch bei anderen Erkrankungen auftreten.
Die häufigsten Ursachen der Zottenatrophie (Reduzierung bzw. Zerströung der Zotten) im Dünndarm sind
1. Zöliakie
Die häufigste Ursache (>90 %) ist die Zöliakie, eine Autoimmunerkrankung, die durch Gluten ausgelöst wird. Glutenhaltige Nahrung führt bei genetisch prädisponierten Menschen (HLA-DQ2/DQ8) zu einer Immunreaktion, die die Dünndarmzotten zerstört. Dies resultiert in einer gestörten Nährstoffaufnahme und Symptomen wie Durchfall, Gewichtsverlust und Mangelerscheinungen
2. Infektionen
Einige Infektionserkrankungen können ebenfalls Zottenatrophie verursachen, darunter:
- Giardiasis (eine parasitäre Infektion),
- Tropische Sprue,
- Whipple-Krankheit,
- Kryptosporidiose,
- HIV-assoziierte Enteropathie
3. Immunologische und entzündliche Erkrankungen
Andere Autoimmun- oder immunologische Erkrankungen wie
- Refraktäre Zöliakie,
- Kollagene Sprue,
- Morbus Crohn,
- Eosinophile Gastroenteritis,
- Variables Immundefektsyndrom (CVID)
4. Medikamente und Strahlung
- – Chemotherapeutika oder nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) können die Dünndarmschleimhaut schädigen.
- – Strahlentherapie kann ebenfalls eine Atrophie verursachen
5. Maligne Erkrankungen
- Zottenatrophie kann auch durch lymphoproliferative Erkrankungen wie T-Zell-Lymphome oder andere Krebserkrankungen ausgelöst werden.
6. Seltene genetische und metabolische Störungen
- Einige seltene genetische Erkrankungen wie chronische Diarrhö mit Zottenatrophie oder Stoffwechselstörungen können ebenfalls zu diesem Zustand führen
Diagnostik
Die Diagnose erfolgt in der Regel durch eine Dünndarmbiopsie während einer Endoskopie. Typische histologische Veränderungen umfassen eine Abflachung der Zotten, Kryptenhyperplasie und eine erhöhte Anzahl von Lymphozyten im Schleimhautepithel. Eine serologische Untersuchung (z.B. auf Anti-Transglutaminase-Antikörper) wird häufig zur Bestätigung einer Zöliakie durchgeführt.
Klassifikation nach Marsh
Die Marsh-Kriterien reichen von 0 (normale Schleimhaut) bis IV (starke Vernarbung). Die dargestellten Werte verdeutlichen den zunehmenden Schweregrad der Zottenzerstörung
- Normale Schleimhaut, keine Zerstörung.
- Leichte Veränderungen (infiltratives Stadium), minimale Zerstörung.
- Hyperplastisches Stadium, moderate Veränderungen.
- Leicht verkürzte Zotten.
- Stark verkürzte Zotten.
- Vollständige Abflachung der Zotten.
- Vernarbte Schleimhaut, schwerste Form der Zerstörung.
Therapie
Die Behandlung richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache:
- Bei Zöliakie ist eine lebenslange glutenfreie Ernährung essenziell.
- Infektionen werden mit spezifischen Medikamenten behandelt (z.B. Antibiotika bei bakteriellen Infektionen).
- Bei autoimmunen oder entzündlichen Erkrankungen können Immunsuppressiva notwendig sein.
- Medikamenteninduzierte Schäden erfordern das Absetzen der auslösenden Substanzen.
Eine frühzeitige Diagnose und gezielte Therapie sind entscheidend, um Komplikationen wie Malabsorption und Mangelzustände im Körper zu vermeiden.
Quellen (Stand des Abruf: 05.02.2025):
[1] https://flexikon.doccheck.com/de/Zottenatrophie
[2] https://medonline.at/news/medizin/10113920/abklarung-bei-atrophie-der-dunndarmschleimhaut/
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Z%C3%B6liakie
[4] https://www.mypathologyreport.ca/de/pathology-dictionary/villous-atrophy/
[5] https://www.drschaer.com/de/institute/n/zottenatrophie-zoeliakie
[6] https://falkfoundation.org/de/fgr/detail/eine-persistierende-zottenatrophie-ist-bei-erwachsenen-mit-zoeliakie-ein-praediktor-fuer-komplikationen-und-eine-erhoehte-mortalitaet-eine-multizentrische-kohortenstudie-und-entwicklung-eines-risiko-scores-zur-identifizierung-von-hochrisikopatientinnen/
[7] https://gpnotebook.com/de/pages/nicht-kategorisiert/subtotale-zottenatrophie
[8] https://www.msdmanuals.com/de/profi/gastrointestinale-erkrankungen/malabsorptionssyndrome/z%C3%B6liakie
[9] https://www.dzg-online.de/duenndarmbiopsie-und-histologie-nach-marsh
[10] https://www.omni-biotic.com/de-de/blog/nahrungsmittelunvertraeglichkeit-oder-allergie/
[11] https://www.pharmazeutische-zeitung.de/titel-43-2003/
[12] https://www.bioscientia.de/service/gesundheitsthemen/zoeliakie/
[13] https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0034-1377831
[14] https://www.lukas-gesellschaft.de/klinik-fuer-innere-medizin.html?file=files%2Fst-rochus-hospital%2Fdokumente%2Finnere-medizin%2Fkrankheitsbilder%2Fszy12.pdf
[15] https://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%BCnndarm
[16] https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/nicht-nur-gluten-kann-zotten-schrotten
[17] https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0034-1377831
[18] https://www.orpha.net/de/disease/detail/1670
[19] https://www.slaek.de/media/dokumente/ueber-uns/presse/aerzteblatt/archiv/2021-2030/2024/08/0824_023.pdf
[20] https://flexikon.doccheck.com/de/Z%C3%B6liakie
[21] https://flexikon.doccheck.com/de/Marsh-Klassifikation
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