Oft kommen bei uns in der Facebookgruppe Zöliakie Austausch die Fragen, wie man im Kindergarten oder der Schule ein Verständnis bezüglich Zöliakie bei den Lehrkräften und Mitschülern erreicht. Cornelia hat dazu mit ihrer Tochter Emma in der Klasse von Emma einen Mitmach-Vortrag vorbereitet und ihre Erfahrungen mit uns geteilt.
Vielleicht hilft der Bericht, das ihr Ideen bekommt das Thema Zöliakie anschaulich zu erklären. Danke auch an Cornelia für die Erlaubnis den Beitrag aus unsere Facebookgruppe hier zu veröffentlichen. Ihr findet die Links zu den Infomaterialien der DZG am Ende des Berichtes.
Erfahrungsbericht des Zöliakie-Vortrags in der 1. Klasse
In der letzten Woche hatte ich Euch nach Tipps für einen Vortrag in der Grundschulklasse gefragt. Vielen Dank für Eure hilfreichen Antworten. Hier möchte ich nun davon berichten.
Die Kurzversion: Es war so toll, sehr hilfreich und für alle ein nachhaltiges Erlebnis.
Und nun zur ausführlichen Version:
Zunächst haben meine Tochter und ich die Kinder nach ihren Erfahrungen mit Bauchschmerzen gefragt. Hier kamen schon eine ganze Menge Antworten: dabei fühlt man sich schwach, schlecht gelaunt, muss spucken, hat Durchfall, will nicht spielen…
Die Kinder konnten sich also etwas identifizieren. Daraufhin haben wir erklärt, genauso geht es Emma, wenn sie Gluten ißt. Sie hat von sich berichtet, dass es doof ist, wenn sie richtig fiese Bauchkrämpfe und Durchfall hat und deshalb nicht spielen mag/kann.
Danach haben wir über Fragen & Antworten das Verdauungssystem besprochen. Die Kinder waren voller Begeisterung dabei und stolz, ihr Wissen preiszugeben.
Ich war wirklich überrascht, wieviel die Erstklässler schon wissen: hier kamen Sachen wie „die Nährstoffe kommen über die Darmzotten ins Blut“ (lag vielleicht an dem Film „Sendung mit der Maus – Sachgeschichte Zöliakie“, den die Eltern vorab mit einer Mail von mir bekommen haben), Essen bleibt manchmal 3 Tage im Bauch, wir sehen mit den Augen verkehrt herum und erst unser Gehirn macht es richtig (äh, ja, den Bezug zur Verdauung habe ich hergestellt mit: „Super, die Augen brauchen wir ja, um zu lesen, ob Gluten in einem Lebensmittel enthalten ist!“ :-))….
Um das Ganze zu veranschaulichen habe ich einen 7 m langen Schlauch durch die Klasse spannen lassen. „Boah, ist der lang. Ist das ein echter Dünndarm?“ „Nein, nur ein Modell. Aber so lang ist Euer Dünndarm und das alles ist in Eurem Bauch!“ Die Kinder waren fasziniert.
Wir haben sie „imaginäre Lupen“ aufsetzen lassen und ein Stückchen Dünndarm vergrößert (siehe Foto), nämlich ein Stück Rohr aus dem Baumarkt. Das hatte ich innen mit Schaumstoff ausgekleidet (die Darmzotten). Nun durften die Kinder Wattebausche (farbige wären besser gewesen) hindurch werfen. Dauerte natürlich, bis die unten rauskamen.Ich habe den Schaumstoff rausgenommen und gezeigt, wieviel Nährstoffe (Watte) an unseren Zotten (Schaumstoff) hängengeblieben sind und uns nun groß und stark machen können.
Emma hat dann anhand ihres Kuscheltiers (siehe Foto) erklärt, dass die Zotten zurückgehen, wenn sie Gluten ißt. Nun habe ich die Watte durch das nackte Rohr werfen lassen. Hui, das kommt ja ganz schnell wieder unten raus! „Wie Durchfall!“ „Ja, genau.“ „Da bleibt ja nix hängen!“ „Stimmt und das strengt den Körper ganz doll an! Wenn Emma auf Gluten verzichtet, ist sie gesund und kann mit Euch toben, spielen usw.
Dieses Modell hatte ich noch in der Klasse gelassen. Daran haben die Kinder ausprobiert, wo denn überhaupt so manches Organ sitzt. Den gab es mal für wenige Euros in einem Ramschladen.
Aber was ist eigentlich Gluten?
Auch hier kam eine ganze Menge von den Kindern: Getreide, Mehl, das ist in Weizen… Ich habe es runtergebrochen, damit es nicht zu kompliziert wird und nur unter dem Motto: Klebereiweiß, der u.a. das Brot zusammenhält, mit Fragen & Antworten auf Getreide -> Mehl-> welche Produkte kann man aus Mehr herstellen? hingearbeitet.
Dann durften sich alle aus kleinen Tütchen so Plättchen nehmen, auf denen jeweils ein Lebensmittel war. Ganz eifrig haben wir die Lebensmittel auf das Ampelrad „enthält Gluten“, „kann Gluten enthalten“ und „glutenfrei“ geklebt. Auch hier war ich überrascht, wie toll die Kinder mitgemacht haben.
Für die erste Klasse war das ja schon ganz schön viel, trotzdem haben alle mit Spaß mitgemacht.
Wir haben noch über Kontamination gesprochen. Ich habe nur erklärt, dass es sozusagen „beschmutzt“ bzw. „in Berührung gekommen“ heißt. Welche Situationen kennt Ihr, wo ein glutenfreies Lebensmittel kontaminiert werden könnte? Hier kamen Antworten wie: fliegende Brotkrümel, gleiche Trinkflasche, gleicher Löffel, schmutzige Hände…
„Ganz wichtig: nichts einfach in Emmas Essen mischen. Stellt Euch vor, jemand hat etwas Gift dabei und möchte das in Euer Essen mischen. Wollt Ihr das?“ „Nein!!!!“ „So wäre das für einen Zöli!“
Ich habe dann die „Mini-Zöli-Regeln“ aufgehängt. Die Kinder fanden das natürlich total super mit dem Krümelmonster (siehe Foto).
Nun gab es noch eine Abschlussaufgabe: Detektivarbeit. Die Kinder durften in Gruppen auf Spurensuche gehen und anhand von Lebensmitteln gucken, ob Gluten enthalten ist. Natürlich habe ich besonders einfache Lebensmittel genommen, die die Kinder schon lesen können. Hierbei waren sie ganz aufgeregt und sehr stolz, der Klasse ihr Ergebnis zu präsentieren.
Abschließend habe ich die Klasse für ihren Spürsinn gelobt und für die bestandene Prüfung Detektivausweise (siehe Foto) sowie die beiden Infoheftchen der DZG inklusive Lolli für Zuhause verteilt.
Infomaterial gibt es auch zum Download bei der Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V. . Die eizelnen Links findet ihr am Ende des Artikels.
Mittags gab es zum Nachtisch glutenfreien Kuchen, bei dem die Kinder festgestellt haben: glutenfrei schmeckt ja sogar lecker! 🙂
FAZIT: ein toller interaktiver Vortrag, der die Kinder, wie auch die Eltern erfreut und nachhaltig begeistert hat. Ich bekomme seitdem jede Menge positive Rückmeldungen: die Eltern freuen sich, dass die Klasse nun besser Bescheid weiß und sie als Team aufeinander Rücksicht nehmen können.
Sie erzählen, dass die Kinder zu Hause ganz begeistert erzählt haben („mein neues Lieblingswort ist Darmzotte“, „weißt Du wie lang ein Dünndarm ist“, „das darf Emma essen, das ist glutenfrei“ „mein Sohn liest jetzt die Zutatenliste“…).
Ich bin geflasht von soviel Zuspruch: gestern brachte ein Kind für meine Tochter abgepackten Geburtstagskuchen von Schär mit, eine andere Mama gab mir heute ein tolles gf Rezept…
Zöliakie kann auch bereichern! Danke Euch allen für diese tolle Gruppe und besonders den Admins für Eure Arbeit!
Vielen Dank Cornelia für den Bericht. Das motiviert bestimmt viele auch so einen Vortrag zu halten.
Hier sind die Downloadlinks zu den Publikationen der DZG:
Art. Nr. 0064 Broschüre „Mikrovilli und Käsekuchen“
Informationen über Zöliakie für Grundschulkinder
Download (PDF-Dokument | 3,33 MBytes | 28.06.2023)
Art. Nr. 0067 Broschüre „Paul und der Glutenkobold“
Informationen über Zöliakie für Kindergartenkinder
Download (PDF-Dokument | 3,42 MBytes | 28.06.2013)
Art. Nr. 0019 Flyer „Zöliakie und Schule“
Informationen für Lehrerinnen und Lehrer
Download (PDF-Dokument | 3,54 MBytes | 28.06.2023)
Art. Nr. 0017 Flyer „Zöliakie im Kindergarten“
Informationen für Erzieherinnen und Erzieher
Download (PDF-Dokument | 3,64 MBytes | 28.06.2023)
Noch mehr Beiträge zum Thema Austausch zu Zöliakie und das glutenfreie Leben findet ihr in unserer großen Facebookgruppe Zöliakie Austausch.
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